Aktuelles

Waldbesitzerinnentag 2016

Erster Waldbesitzerinnentag im Landkreis Regen: Wald in Wert setzen - Informationen, Wissen und eigenes Engagement sind Schlüssel zum Erfolg im eigenen Wald

 

52 Waldbesitzerinnen aus dem Landkreis Regen kamen am Ayrhof und im Wald von Bernhard Bielmeier bei Ramersdorf zum  ersten Waldbesitzerinnentag im Landkreis Regen zusammen.  

Ayrhof und Ramersdorf, 15.10.2016. Zum ersten Waldbesitzerinnentag im Landkreis Regen eingeladen haben das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Regen (AELF), die Landfrauen im Bayerischen Bauernverband (BBV), die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG), die Forstwirtschaftliche Vereinigung Niederbayern (FVN) und die beiden Waldbesitzervereinigungen Viechtach und Regen.
Ein Fortbildungsangebot nur Frauen im Bereich der Weiter- und Fortbildung ist für Stefan Schaffner, Bereichsleiter Forsten am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Regen (AELF), für Katharina Zellner, Kreisbäuerin im BBV, für die Bayerische Waldkönigin Anna Maria Oswald vom Bayerischen Waldbesitzerverband (WBV), für Bernhard Bielmeier, Geschäftsführer der FV Niederbayern und für Konrad Fischer von der SVLFG eine Selbstverständlichkeit. Denn die vermeintliche „Männerdomäne Wald“ verändert sich schneller als das traditionelle Waldbesitzerbild vermuten lässt. Immer mehr Frauen erben oder übernehmen Waldeigentum im Alleineigentum, tragen zusammen mit dem Ehe- und Lebenspartner die Verantwortung über den gemeinsamen Wald oder kaufen Wald. Von rund 1,4 Millionen ha Privatwald in Bayern befinden sich bereits über 14% im Alleineigentum von Frauen und bei weiteren 24% sind Frauen im Grundbuch als Miteigentümerinnen eingetragen. Im Landkreis Regen fallen die Zahlen noch deutlicher aus: 11% der rund 43.000 ha Privatwald sind im Alleineigentum von Frauen und bei über weiteren 33% der privaten Waldfläche sind Frauen im Grundbuch als Miteigentümerinnen eingetragen. Frauen tragen für bereits fast 20.000 ha Wald im Landkreis Verantwortung und sind in damit in der Pflicht, Entscheidungen zu treffen oder mitzugestalten.
Da in Bayern jeder Waldbesitzer über die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau bei forstbetrieblichen Arbeit unfallversichertes Pflichtmitglied ist, wurde alle Waldbesitzerinnen im Landkreis persönlich angeschrieben und zum Waldtag eingeladen. Selbst aus Regensburg reisten Waldbesitzerinnen an und die Gruppe erwartete ein umfangreiches Programm zu Wald und Forstwirtschaft unter dem Motto „Wald in Wert setzen - Wissen und Informationen sind der Schlüssel zum Erfolg“. In ihrem Grußwort brachte es die amtierende Bayerische Waldkönigin Anna Maria Oswald, selbst Waldbesitzerstochter aus Drachselsried, auf den Punkt. „wichtig ist, dass wir als Frau nicht alles glauben müssen, was man uns sagt, sondern wir uns zumindest so auskennen, dass wir erkennen, wem wir vertrauen können“.
Aber nur wenn man dieses Grundwissen hat und weiß, wo man sich dieses Wissen besorgen kann, bleibt der eigene Wald keine Last oder Verpflichtung oder bedeutet insbesondere in Borkenkäferjahren oder Sturmjahren Arbeit und Mühe. Für die Veranstalter gilt das Gegenteil: Waldeigentum ist wertstiftend, neben eigenem Brennholz und Geldertrag aus Holzverkauf kann Waldeigentum Freude machen, es kann Erfüllung sein, sogar Leidenschaft. Grundvoraussetzung dafür ist, dass der Eigentümer sich mit seinem Wald aktiv auseinandersetzt, dazu gehören Informationen, Wissen, Hintergründe und auch das Wissen, welche Personen und Institutionen Unterstützung und Dienstleistungen anbieten.  Auf Bayerisch „das drein schaun können“, sich seine eigene Meinung machen können, ist das Mindeste auch oder gerade in Sachen Wald und Waldbewirtschaftung. Jeder Waldbesitzer, unabhängig vom Geschlecht kann dann selbst entscheiden, ob er mit Unterstützung z.B. einer Waldbesitzervereinigung oder mit anderen die Waldbewirtschaftung aktiv betreibt oder möglichst viel selbst machen will.
Christa Rodenkirchen, Waldbesitzerin und langjährige erste Vorsitzende der Forstbetriebsgemeinschaft Füssen berichtete über Ihre Erfahrungen als Waldbesitzerin. Rückblickend empfand sie es nicht immer leicht, als Frau „unter vielen Männern“ in der Forstwirtschaft akzeptiert zu werden. „Rückblickend hatte ich in den meisten Fällen eine gute Zusammenarbeit mit Männern, ich habe oft Wertschätzung und Anerkennung  erfahren“, so Frau Rodenkirchen und sie freute sich über „die Tatsache, dass mein Nachfolger als Vorsitzender in der Forstbetriebsgemeinschaft wieder eine Frau in der Vorstandschaft wollte, was ihm auch gelungen ist“. Seine Beweggründe sprechen für sich, als ihn Frau Rodenkirchen darauf ansprach und er meinte, „Frauen denken anders, bringen in die Vorstandschaft andere Ideen und Qualitäten ein“. Für Frau Rodenkirchen ist entscheidend, dass Waldbesitzerinnen „genau die Frau bleiben sollen, als die sie sich selbst sieht“. Nicht alle wollen aktiv werden, es sind viele Frauen, die noch die alte Rolle der Hausfrau und Mutter in den Familien und auf den Höfen übernehmen. Sie begleiten vielleicht ihren Mann bei Ausflügen, ansonsten bleiben Sie im Hintergrund. Dann gibt es die Frauen, die aktiv mit ihren Männern im Wald arbeiten, die vielleicht Wald geerbt haben oder erben werden,  also auch junge Frauen, Töchter. Diese wollen sich fortbilden. Viele fangen z.B. mit einem Motorsägenkurs für Frauen an und damit wird das Interesse geweckt für mehr. Und es gibt diejenigen Waldbesitzerinnen, die selber keine Waldarbeit machen können oder wollen, jedoch selber ihren Wald selber betreuen und gestalten wollen. All diese selber aktiv werdenden Frauen wollen sich fortbilden. Und deswegen steht für Frau Rodenkirchen und die Veranstalter außer Frage, dass Fortbildungen speziell für Frauen Sinn machen, denn „manche Frage stellt sich leichter, wenn Frauen unter Frauen sind“, so Kreisbäuerin Katharina Zellner.
Frau Dr. Dr. habil Gabriela Lobinger  von der Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft in Freising stellte Grundlegendes und Wesentlichen zur aktuellen Waldschutzsituation in unserem Raum vor. Denn wenn Sturm, Schnee, Borkenkäfer und andere Schadorganismen. Schaden im Wald anrichten, muss der Waldbesitzer zügig handeln, um noch größeren Schaden zu verhindern. Nichts ist in der Waldwirtschaft einschneidender als Schadholzanfälle, vor allem wenn wie oft nach Sturm oder größeren Borkenkäferschaden die Folgeschäden nicht mehr aufzuhören scheinen. Zwar entwickelte sich das Jahr 2016 aufgrund der ausreichenden Niederschläge für die Fichten glimpflicher als nach dem Hitze- und Trockensommer zu erwarten gewesen wäre. 2015 war es zu einer starken Dichteerhöhung durch drei Jungkäfergenerationen gekommen und die Schwelle für Stehendbefall auch gesunder Fichten wurde überall überschritten. 2016 startete der Borkenkäfer vielfach mit hohen Ausgangsdichten und die Anflugzahlen waren anhaltend über dem Schwellenwert für Stehendbefall. Die Borkenkäfer zeigten bayernweit eine starke Aktivität bis Ende September. Das Jahr 2017 wird daher wie 2016 wieder mit hohen Anfangsdichten starten. Die Dynamik bei Borkenkäferbefall ist rasant, da aus einer befallenen Altfichte mehr als 20.000 Jungkäfer ausfliegen und diese Menge reicht aus, um 20 gesunde Fichten befallen zu können. Das Resümee der Wissenschaftlerin ist daher. „Nur durch „Saubere Waldwirtschaft“ lassen sich Borkenkäfer-Massenvermehrungen wirkungsvoll eindämmen und es lohnt auch einzelnen befallenen Fichten nachzugehen und diese aufzuarbeiten.“
Konrad Fischer machte in seinem Beitrag Grundlegendes zur Arbeitssicherheit bei der Waldarbeit bewusst, denn „Leben und Gesundheit ist das wichtigste was wir haben“. Unfälle durch bewusstes Verhalten zu vermeiden und Vorsorge für Arbeitsschutz und für gute Arbeit im Wald beginnt immer mit der richtigen, passenden und funktionalen Kleidung, dem richtigen, sicheren und funktionalen Werkzeug und Ausrüstung und den passenden Arbeitsverfahren. Für Schutzkleidung, Werkzeug und Ausrüstung gibt es den Fachhandel, der im Saal durch die Fa. Hagengruber aus Rinchnach vertreten war und ein Sortiment an Schutzkleidungen für Frauen vorstellte. Die Bayerische Waldkönigin stellte den Frauen vor, dass Hersteller und Fachhandel mittlerweile Sicherheitskleidung speziell für die Bedürfnisse von Frauen anbieten. Gute Arbeitskleidung sitzt und macht die Arbeit „angenehm“. Da die Waldarbeit und hier gerade die Arbeit mit der Motorsäge mit zu den gefahrenträchtigsten Tätigkeiten zählt, legte der Sicherheitsfachmann allen Waldbesitzern folgendes ans Herz: Die persönliche Schutzausrüstung (Schutzhelm mit Gesichtsschutz und Gehörschutz, gut sichtbare Arbeitsjacke, Schutzhose, Sicherheitsschuhe mit Schnittschutz und gut sitzende Arbeitshandschuhe) auf Funktionsfähigkeit überprüfen und tragen, Verbandmaterial mitführen, niemals alleine mit der Motorsäge oder Seilwinde arbeiten, Handy vor Arbeitsbeginn auf Funktionstauglichkeit überprüfen, ggf. einen Ort mit Handyempfang im Umkreis wissen, Rettungstreffpunkt festlegen und notieren und Angehörige über den Aufenthaltsort im Wald informieren.
Lisa Berndl, Försterin bei der Waldbesitzervereinigung Regen und Antonia Seidl, Försterin bei der Waldbesitzervereinigung Viechtach stellten den Waldbesitzerinnen die Leistungen von ihren Vereinigungen vor. Die Holzvermarktung und -abrechnung über die WBV läuft transparent und kontrolliert ab und der Waldbesitzer sieht immer den Wert, den sein Holz beim Verkauf an ein Sägewerk erbracht hat (Originalwert).  Waldbesitzervereinigungen bieten über ihre Mitteilungsblätter, Rundbriefe, die Homepage und mit Lehrfahrten und Informationsveranstaltungen aktuelles zur Wald und Waldwirtschaft. Aber auch Waldpflegeverträge können abgeschlossen werden, die eine professionelle Bewirtschaftung garantieren.
Der Nachmittag wurde der Praxis gewidmet und Bernhard Bielmeier hieß die Waldbesitzerinnen in seinem Wald bei Ramersdorf willkommen. In drei Gruppen, die von den Förstern Rudi Reichenberger (Forstdienststelle Arnbruck), Thomas Kapfhammer (Forstdienststelle Kollnburg) und Alfons Scherer (Forstdienststelle Achslach) geführt wurden, wurde augenscheinlich, auf was es bei der Waldwirtschaft ankommt.
Ein Wald ohne Tür ist wie ein Haus ohne Tür
Forststraßen und Rückewege sind die Basis jeder forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung, da nur mit einem Zugang in den eigenen Wald ein Arbeitsfortschritt erreicht wird, sicher gearbeitet werden kann und auch schonend Technik eingesetzt werden kann. Auch eine regelmäßige Wegepflege und das Freiräumen der Gräben ist extrem wichtig und es sollten sich alle an einer Forststraße anliegenden Waldbesitzer zu eigen machen, darauf zu achten, dass der Weg und die Wasserableitung funktioniert. So lassen sich auf lange Sicht Kosten einsparen, denn eine größere Wegeinstandsetzung ist teuer.
Regelmäßiges Holzmachen führt zu natürlicher Waldverjüngung
Bernhard Bielmeiers Credo in der Waldbewirtschaftung besteht darin, den Wald aktiv und regelmäßig zu nutzen. Beschädigte Bäume, aber auch reife Stämme werden regelmäßig eingeschlagen und genutzt. Durch die entstehenden Lücken kommt Licht und Wärme auf den Boden und eine artenreiche Naturverjüngung aus Tanne, Buche, Fichte und Bergahorn und anderen Baumarten mehr kann keimen und die nächste Waldgeneration bilden. Naturnahe Waldbewirtschaftung nennt dies die Fachfrau. Die Jagd ist dafür verantwortlich, dass die Naturverjüngung artenreich in der Fläche hochwachsen kann und verbissgefährdete Baumarten, wie Tannen und Buchen nicht durch Rehwildverbiss zurückbleiben und von der Fichte überwachsen werden. Wenn der Waldbau und Jagd in Einklang stehen und gemischte Naturverjüngung heranwachsen, muss nur noch geernet werden, beschreibt Bielmeier seine Betriebsphilosophie.
Gerade die Tanne, mit ihrem tiefgehenden Wurzeln das Gerüst unserer Bergmischwälder liegt dem Waldbauern Bielmeier am Herzen, da sie lange im Schatten von Altbäumen aushalten kann und so strukturreiche Bestände garantieren kann. Die sogenannten Unterständer erreichen dabei ein Alter von 100 Jahren und mehr und bilden nach der Ernte der Altbäume den Zukunftsbestand. Jede Waldbesitzerin bekam zum Abschluss eine Stammscheibe eines Tannenunterständers.
„Naturschutz im Wald“ – Ein wenig Verzicht des einzelnen bewegt gewaltiges im Artenschutz
Unser gemischter Bergwald im Landkreis ist artenreich. „Die Waldbesitzer können aber durch ein wenig Verzicht und betont naturnahes Wirtschaften diese Artenvielfalt noch stärken“, sind sich Waldbesitzer Bielmeier und die Förster einig. Die Artenvielfalt wird gestärkt, wenn auf kleiner Fläche einzelstammweise oder femelartig, also in kleineren Baumtrupps Holz genutzt wird. Es entstehen größere und kleinere Lücken im Kronendach und der Wald verjüngt sich kleinflächig und natürlich. Die Artenvielfalt wird gestärkt, wenn wenige Biotopbäume pro ha auf großer Fläche stehen gelassen werden, eindrucksvoll konnte eine starke Schwarzspechtbuche mit mehreren Spechthöhlen betrachtet werden, die Waldbesitzer Bielmeier stehenlässt, wenn er es aus Gründen der Verkehrssicherungspflicht verantworten kann. Wird ein Baum vom Sturm gebrochen, lässt er konsequent die Baumstümpfe stehen und verarbeitet sie nicht zu Brennholz. Ein klein wenig Verzicht des einzelnen Waldbesitzers kann in der Summe aller Waldbesitzer gewaltiges für den Artenschutz bewegen. Waldbesitzer können so der Gesellschaft und der Natur zeigen, dass ihr Wald „in guten Händen ist“.
Förster Eduard Karl (Revier Abtschlag) selbst begeisterter Imker überraschte die Teilnehmerinnen mit einem Vortrag über Waldhonig und mit frischen Honigbroten. Der Honig wurde den Veranstaltern von der Imkerei Muhr zur Verfügung gestellt.
Zum Schluss stand nochmals das Thema Arbeitssicherheit an. Nachdem eine Fichte gefällt wurde, ging Konrad Fischer zusammen mit den Waldbesitzerinnen die Schritte bei der Fällung mit der Motorsäge durch und wie ein sicherer Fällschnitt aussieht. Eine genaue Baumansprache vor der Fällung durchzuführen, die Rückweiche frei zu räumen und sorgfältig den Fällkerb anlegen und auf eine ausreichende Bruchleiste zur Führung des fallendes Baumes zu achten, bedeutet größtmögliche Sicherheit. Die Sicherheitshelme wurden von der Genobank Donau Wald, vertreten durch Franz Geiß, zur Verfügung gestellt.

 

Die Referenten des vormittags (v.l.n.r.):  Konrad Fischer (SVLFG), Antonia Seidl (WBV Viechtach), Bayerische Waldkönigin Anna Maria Oswald aus Drachselsried, Lisa Berndl (WBV Viechtach) Stefan Schaffner (Bereichsleiter Forsten AELF regen), Kreisbäuerin Katharina Zellner, Waldbesitzerin Christa Rodenkirchen aus Füssen, Bernhard Bielmeier (Waldbesitzer und Geschäftsführer der FV Niederbayern), Bürgermeisterin Josefa Schmid aus Kollnburg, Dr. Dr. habil Gabriela Lobinger (LWF Freising)

 

 

 

 

Die Experten Thomas Kapfhammer und Konrad Fischer erklären die Fällrichtung und die Scharnierwirkung der Bruchleiste. 

 

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